Jahr 1874

Am 20. Februar 1874 fand die letzte Schaffermahlzeit in der Hutfilterstraße statt. In dem festlich geschmückten Saal waren an die 180 Personen an den Tafeln versammelt. „Aus kaufmännischen Kreisen waren eine Zahl der wichtigsten Welthandelsplätze Nordamerikas, Ost- und Westindiens, Mexico vertreten", schrieben die Bremer Nachrichten. Herr Konsul Tewes [Carl Tewes, Konsul von Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin] erinnerte in seiner Ansprache daran, daß „nachdem das HAUS SEEFAHRT im Lauf der Jahrhunderte manche Stürme und Angriffe glücklich bestanden hat, werde es nun das Opfer der fortschreitenden Entwicklung unserer Stadt, welche von der ehrwürdigen Stiftung selbst gefördert werde... Hoffen wir, daß das HAUS SEEFAHRT, wie ein Phönix aus der Asche, an anderem Platze neu erstehen werde".

Ein Gast, Graf Eulenburg [Oberpräsident der Provinz Hannover], machte sich Gedanken über den Sinn des Spruches „Navigare necessere est, vivere non est necessere":„Wenn wir uns die Räume, in denen wir hier versammelt sind, den Schmuck, welchen sie an sich tragen, ansehen, so fällt unser Auge auf eine Inschrift, welche über dem Eingang dieses Hauses zu lesen ist. Sie sagt in lateinischen Worten, daß die Schiffahrt notwendig sei, das Leben aber nicht. Unwillkürlich fragt man sich, wie der Erfinder dieser Inschrift wohl dazu gekommen sein möchte, mit ihr die Pforte dieses Hauses zu zieren. Könnte es sein, daß die Neigung, eine Paradoxe aufzustellen oder dem Humor über Gebühr die Zügel schießen zu lassen, dazu geführt haben, oder könnte eine Überschätzung der materiellen Güter den Anlaß gegeben haben, diese Devise an dem Hause anzubringen? Es würde dem Sinn widersprechen, den wir bei den Vorfahren dieser Bürgerstadt annehmen dürfen. In Bremen konnte man nicht bei ernsten Dingen frevelhaften Scherz den Lauf lassen, noch weniger materielle Güter über die idealen setzen. Die Übersetzung des lateinischen Spruchs:

Navigare necesse est, vivere non est necessere, muß anders lauten als der unmittelbare Verdacht uns anzeigt, ich glaube die richtige Übersetzung gefunden zu haben in den Worten, welche der Liebling unserer Dichter einer seiner charaktervollsten Gestalten in den Mund legt, in den Worten: Und setzt ihr nicht das Leben ein, nie wird euch das Leben gewonnen sein!